In diesem Buch seiner 'Confessiones' sucht Augustinus nach einer Antwort auf die Frage, wie sich der einzelne, obwohl in seinem Sein und in seinen Handlungen auf sich selbst gestellt, gleichwohl darauf einstellen kann und soll, sich nicht von rein egoistischen Motiven leiten zu lassen, sondern von den Prinzipien der – von Gott gesetzten – Moralität.
Im zehnten Buch seiner Confessiones befaßt sich Augustinus mit der Frage der Selbsterkenntnis oder mit der "Suche nach dem wahren Leben". Obwohl er davon ausgeht, daß jeder Mensch sich selbst besser kennt, als andere ihn kennen, hält er dafür, daß diese Selbstsicherheit kein Garant sein kann für das Gelingen eines guten Lebens, das für ihn - wir schreiben das Mittelalter - nur dann seine Erfüllung erlangt, wenn der Handelnde die moralischen Vorgaben einhält, die Gott dem Menschen gesetzt hat. Denn Augustinus ist sich dessen bewußt, daß die Selbsteinschätzung des einzelnen unsicher und fehlerhaft sein kann und er eigentlich nicht in der Lage ist, sein eigenes Sein ganz erfassen zu können.
Thema ist in 'Confessiones 10' daher die Suche nach der Antwort auf die Frage, wie der einzelne, dessen Würde gerade darin besteht, aus Freiheit und in eigener Verantwortung zu handeln, dazu gelangt, in seinem Handeln nicht rein egoistischen Interessen zu folgen, sondern das hohe Ziel zu erreichen, aus eigener Einsicht und eigenem Antrieb ein gottgefälliges Leben zu führen, will sagen: den von Gott gesetzten Geboten zu genügen.
Nach Augustinus können lediglich die Menschen die göttliche Vollendung, auf die hin alle geschaffen sind, erlangen, die trotz ihrer Endlichkeit den Weg wohlwollender, nichtegoistischer Liebe suchen. Christus gilt ihm als Brücke, die von Gott zu den Menschen führt, sobald sie diesen - trotz ihrer Bedürftigkeit, Schwäche und Endlichkeit - den Weg zu einem Leben der "Heiligkeit" bahnt.
Augustinus wird 354 n. Chr. im numidischen Thagaste geboren. Mit 16 Jahren beginnt er das Studium der Rhetorik in Karthago, wo ihn die Bekanntschaft mit Ciceros Dialog „Hortensius“ für die Philosophie begeistert. In dieser Phase wendet er sich dem Manichäismus zu, lehrt dann aber ab 384 in Mailand als Professor der Rhetorik und bekennt sich kurz darauf zum Katholizismus. Im Alter von 42 Jahren wird Augustinus Bischof im nordafrikanischen Hippo Regius. Um 400 n. Chr. entstehen die 13 Bücher der Confessiones, eine der ersten Autobiographien der Weltliteratur. Augustinus entwickelt hier nicht nur ein Glaubensbekenntnis und eine Lobpreisung Gottes, sondern liefert mit den Einblicken, die er in sein Leben gibt gleichzeitig ein persönliches Schuldbekenntnis. Die Form der „Bekenntnisse“ ermöglicht nicht nur Einsichten in das Seelenleben Augustinus’, sondern zeigt die zeitgenössische Auseinandersetzung zwischen Manichäismus, Neuplatonismus und Christentum. Das 11. Buch der Confessiones führt mit der Untersuchung Was ist Zeit? zu einer zentralen Fragestellung seines philosophischen Denkens. Weitreichende Ausführungen zu Kunst, Wissenschaft und zur neuplatonischen Metaphysik finden sich in der Schrift De Musica. Das theoretische Hauptwerk De trinitate beginnt Augustinus bereits 399 n. Chr. „als junger Mann“, vollendet es aber erst 20 Jahre später „als Greis“. Die philosophische Rekonstruktion des Mythologems der Trinität geschieht hier durch Formen der Selbstreflexion des sich in seiner Endlichkeit begreifenden Geistes. Augustinus stirbt im Alter von 76 Jahren in Hippo Regius.
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