Im Jahr 1982, am Höhepunkt seiner philosophischen Produktivität, hielt Emmanuel Levinas den Vortrag Ethique comme philosophie première in Löwen. Das penibel vorbereitete Skript des Vortrags bildet die Grundlage für die vorliegende Edition, die einen zugleich stark verdichteten, doch in seiner klaren Struktur auch gut fassbaren Gedankengang zugänglich macht. Insofern ist der Text ein Glücksfall für alle, die mit Levinas bereits vertraut sind, wie auch für all jene, die sich dem Autor erstmalig annähern wollen: Denn Ethik als Erste Philosophie bietet nicht weniger als eine Selbstdarstellung der zentralen These von Levinas’ Werk aus der Perspektive seiner späten, feinsäuberlich ausgearbeiten Verfasstheit. Daher lässt sich der Text sowohl als ein Höhepunkt der Levinas’schen Subjektivitätskritik wie auch als eine Einführung in sein Werk lesen.Die Stoßrichtung von Levinas’ These ist radikal im ursprünglichen Wortsinn, da es ihm darum geht, zu zeigen, wie die Philosophie seit der aristotelischen Ersten Philosophie einer fatalen Gleichsetzung von Denken und Wissen verfallen ist. Um diese wohltradierte Schieflage zu korrigieren, unternimmt Levinas eine Kritik der Husserl’schen Intentionalität, einer mustergültigen Ausprägung der als Wissensvorgang missverstandenen Bestimmung menschlichen Seins. Die Neubegründung des abendländischen Denkens aus der dem Wissen vorgelagerten Verantwortlichkeit für den Anderen bildet für Levinas die notwendige Konsequenz.In seinem Nachwort rekonstruiert Gerhard Weinberger den Essay entlang seiner argumentativen Schritte, zudem werden für das Verständnis wesentliche Bezüge hergestellt und erklärt. Ein konzises Glossar erläutert die tragenden Konzepte und Begriffe.
Emmanuel Levinas (1906–1995), war ein litauisch-französischer Philosoph. Er kann als einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts gelten. Insbesondere sein ethisch fundiertes Denken des Anderen macht seine weitreichende philosophische Wirkung aus. Levinas’ Subjektkritik, in kritischer Distanz zur Phänomenologie von Edmund Husserl oder Martin Heidegger, machte ihn u.a. für Denker wie Jacques Derrida anschlussfähig. Seine Philosophie der Alterität wird seit den 1960er Jahren breit rezipiert und auch für theologische Debatten fruchtbar gemacht.
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